DAs Kurze Leben der Ruth Maier

Ruth Maier war eine jüdische Wienerin, die 1939 nach Norwegen emigrierte und drei Jahre später, im Alter von 22 Jahren, nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde. Ihre Tagebücher, die sie von 1933-42 geschrieben hat, wurden erst viel später entdeckt - im Nachlass der norwegischen Dichterin Gunvor Hofmo, mit der sie die letzten 2 Jahre ihres Lebens zusammen war.

 Ruth Maier wurde am 10. November 1920 in Wien geboren. Die ersten Jahre ihrer Kindheit verbrachten sie und ihre jüngere Schwester Judith mit ihrer Familie in Wien-Währing, in der Dachgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses in der Peter-Jordan-Straße 96.

1931 übersiedelten sie in den eben erst fertiggestellten Gemeindebau entlang der Gersthofer Straße 75–77, Stiege 1, Tür 14; Eingang Hockegasse 2. Im Stock über der Wohnung hatte Ruths Vater Ludwig, mit dem sie ein inniges Verhältnis verband, sein Büro.

An ihrem 18. Geburtstag, der mit den Novemberpogromen von 1938 zusammenfiel, wurde sie Zeugin der Gewaltexzesse des Nazi-Mobs auf den Straßen Wiens, welche sie sehr eindrücklich in ihrem Tagebuch beschreibt. Ruth Maier, die zuvor keinerlei Beziehung zum Judentum hatte, begann sich daraufhin mit ihrer Identität auseinanderzusetzen.

Verjagt von der Schule, delogiert aus der Gemeindewohnung, ohne jede Zukunft im nationalsozialistisch beherrschten Österreich, gelang im Jänner 1939 die Ausreise nach Norwegen. Dort lernte sie die um ein Jahr jüngere Gunvor Hofmo kennen; die beiden wurden ein Paar. Die Dichterin Hofmo verwahrte Ruth Maiers Tagebücher; 1953 scheiterte ihr erster Versuch, Teile davon zu veröffentlichen. Nach Hofmos Tod 1995 entdeckte Jan Erik Vold sie in ihrem Nachlass, nahm Kontakt zu Judith Suschitzky, der in England lebenden Schwester Ruth Maiers auf, die ihm Briefe und Familienfotos zur Verfügung stellte. Die gesammelten Texte verlegte er erstmals 2007. Bis heute wurde das Buch in 12 Sprachen übersetzt und 2014 in UNESCOs Cultural List  „Memory of the World“ aufgenommen.

In Österreich kennen nur Wenige das Schicksal des Mädchens aus Wien, das gehofft hatte, in Norwegen Zuflucht vor Verfolgung zu finden, aber von Polizisten der Quisling-Regierung ihren Mördern ausgeliefert wurde. In Norwegen wurde sie zum Symbol der Kollaboration von Teilen der norwegischen Bevölkerung mit den deutschen Besatzern.


In Österreich wurden ihre Tagebücher unter dem Titel
„Es wartet doch soviel auf mich…“
im Mandelbaum Verlag herausgegeben.

Seit 2017 erinnert das DÖW (Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes) an Ruth Maier mit der gemeinsam mit dem norwegischen Zentrum für Holocaust- und Minderheitenstudien gestalteten Wanderausstellung
Das kurze Leben der Ruth Maier (1920–1942): Wien – Oslo – Auschwitz.